Montag, 30. August 2010

Moderne Zeiten:


Moderne Zeiten:




Ein Computer mit Internet-Zugang gehört heute zur Grundausstattung fast jeden schwulen Haushalts: man kommuniziert per eMail, erledigt seine Bankgeschäfte online, und ab und zu taucht man ab in diese schöne neue Welt voller bunter Bilder und ungeahnter Begegnungsmöglichkeiten. Klar, man hat sich an die Webseiten voller knallbunter Grafiken und tanzender Animationen gewöhnt, genauso an die allgegenwärtigen Werbebanner, denen zu widerstehen mit der Zeit etwas leichter fällt. Natürlich kennt man auch all die Webseiten, die wahlweise Monstertitten, Supermuschis, nymphomanen Schulmädchen anbieten oder mit kraftstrotzenden, riesenschwänzigen, immergeilen Superkerlen locken, natürlich immer eine gültige Kreditkarte vorausgesetzt. Hat man keine, hat man Pech...oder man versucht sein Glück in einem der unzähligen IRC-Channels (anderswo heißen sie Chatrooms), die nicht bloß dem Erfahrungsaustausch, sondern oft genug auch der Triebabfuhr dienen. Letztere sind daran zu erkennen, dass sie von Zeitgenossen mit eindeutigen Decknamen bevölkert werden:"UseMeSW", "Gummisau", "BikeSlut" etc. Mit der Namensliste der Mit-Chatter hat man meist auch gleich einen Überblick über deren sexuelle Vorlieben und Phantasien, was einem die Wahl manchmal erfreulich einfach macht. Das einzig Blöde: die meisten sind entweder Hunderte von Kilometern weit weg oder gar gleich am andern Ende der Welt, also keine Chance, sich in absehbarer Zeit live zu treffen. Natürlich gibt es jetzt noch die Variante, auf Ein-Hand-Betrieb umzuschalten und sich gegenseitig übers Netz die Phantasie zu kitzeln, nur muss man hinterher leider auf das Nachspiel verzichten. Diese Variante "Cyber-Sex" zu nennen wäre vermessen, virtueller Darkroom trifft es besser. Und billiger als eine 0190-Nummer ist es meist auch...

Besucht man den Channel regelmäßig und vorausgesetzt, man ist nicht völlig kontaktgestört, lernt man mit der Zeit eine ganze Menge Leute kennen, manchmal tauscht man auch Bilder aus, sodass man wenigstens einen Eindruck hat, mit wem man es zu tun hat. Und irgendwann trifft man sich dann...


Ich erinnere mich an mein erstes FENIX-Treffen in Antwerpen: ein Keller voller Glatzen, und wenn man ins Gespräch kam, folgte auf die Frage "Wie heißt Du?" meist sofort: "Wie ist Dein Nick?". Da konnte es passieren, dass man jemandem gegenüber stand, mit dem man noch vor ein paar Wochen heftig virtuell zugange war (ja, auch der Autor macht das manchmal) und der so ziemlich das Gegenteil dessen war, was man sich zurecht fantasiert hatte. Kann passieren;  die Wirklichkeit ist manchmal recht grausam. So enden Illusionen. Aber natürlich kann es auch andersrum laufen: jemand, der im Channel wie die absolute Pappnase wirkte, kann sich als angenehmer, interessanter, vielleicht auch geiler Zeitgenosse herausstellen. Aber das findet man erst im richtigen Leben heraus.

Bis bald im Channel! LAZ aka BELBOOTS, bzw. CULTUREBOOTS 1998

1998 - SMAKER 01 Das erste Jahr




1998 - SMAKER 01
Das erste Jahr



Antwerpen; Es geschah viel im Jahr 1998. Laszlo zog zu Bernd nach Antwerpen. Die Hauptstadt Flanderns, im Königreich Belgien gelegen, gilt schon immer als eine Hochburg der Harmonien gegenteiliger Interessen. In der im Herzen Europas liegenden Stadt, in der einerseits rechtsextreme Kreise politisch ungewönlich stark sind, ist zugleich der multikulturelle Alltag Selbstverständlichkeit. Und so gibt es sehr große Bevölkerungsanteile muslimischen Glaubens ebenso wie die größte gemeinde jüdisch Orthodoxer. Da passt es nur zu gut, dass sich in ohnehin geradezu anarchistischer, dennoch teils monarchistischer Tradition heraus im Ballungsgebiet südniederländischer und flämischer Städte auch ein reges schwules Leben etabliert hat. Insbesondere die Leder- und fetischszene genießt seit Jahren einen vorzüglichen ruf. Mag es daran liegen, dass das einzugsgebiet des THE BOOTS einfach genau zwischen Amsterdam, Paris, London und Köln liegt. Oder liegt es an den noch immer recht moderaten Preisen und der – im Jahre 1998 gegebenen – Möglichkeit, gleich nebenan unter dem Dach der zweiten bar HANKY CODE günstig nächtigen zu können ?! Neben diesen beiden findet man '98 auch das CAPTAIN CAVEMAN, das KINKYs, sowie den Piercing- und Fetischshop ROXY vor Ort. Genug, um das ganze Wochenende beschäftigt zu sein.

Wo, wenn nicht hier, könnte sich auch ein anderer, seit längerem immer stärker aufkommender Trend entwickeln: Schwule Skinheads. Laszlo selbst ist seit längerem von dieser, aus den Arbeiterschaften Englands stammenden multikulturellen bewegung und seinen politabweichlern interessiert, ja – fasziniert. Er selbst ist ein offen schwuler Sharp-Skin. Um die beiden Antwerpener Patrick und Bart gründet sich in der beschriebenen Zeit FENIX, F.S.G.N., ein ausschließlich sexuell ausgerichteter Verein, der sich umgehend sehr großer beliebtheit erfreut. In kluger Konzeption gelingt es Patrick, Bart und weiteren Leuten, nicht nur in konkurrenz stehende Unternehmen zu Events zu einen sondern auch von Anfang an drei Mal jährlich eine stetig wachsende Gruppe internationaler besucher nach Antwerpen zu locken. Die FENIX Wochenenden begeistern alle Beteiligten.

Beruflich haben Bernd und Laszlo DIMANE bvba, ein auf schwules Event- und destination-Marketing ausgerichtetes Unternehmen gegründet. Was liegt nun näher, als das Private mit dem Beruflichen zu vereinen und etwas dazu beizutragen, der Stadt, dem FENIX und der eigenen Firma zu nutzen: Der SKINMAKER wird geboren.
Nachdem es seit zwei Jahren nicht mehr zur Veröffentlichung des aus Paris stammenden PROJET X kam, wird das von Anfang an in zwei Sprachen – Deutsch und Englisch – geschriebene Blatt begeistert in der Szene angenommen.
Laszlo schreibt in diesen Tagen über das Thema des neuen und sich sehr schnell ausbreitenden neuen Kommunikationsbereiches INTERNET und eMailings:

Donnerstag, 28. Januar 2010